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SOLTAU
 

Soltau, Heidekreis

Breidings Garten. Ein englischer Landschaftsgarten in Soltau

Die englischen Landschaftsgärten des 19. Jahrhunderts liegen wie ihre Vorgänger meistens an fürstlichen Residenzen oder an Gütern des Landadels. Zunehmend entstehen aber Landschaftsparks auf Anwesen des wohlhabenden und selbstbewussten Großbürgertums. Sie sind nicht etwa mit den gleichzeitigen kleinen und kleingliedrigen bürgerlichen Gärten im Stil des Biedermeier zu verwechseln. Hier geht es um die großzügigen Parks von Industriellen und Handelsherren.

In diesen Zusammenhang gehört Breidings Garten in Soltau. Er wurde ab 1850 von August Röders, Unternehmer und Gründer der Firma Carl Breiding & Sohn, dicht an der Innenstadt Soltaus angelegt. Das Unternehmen war mit der Herstellung von Bettfedern und Filz außerordentlich erfolgreich. Der damals 12 ha, heute gut 10 ha große Garten und das zur Villa ausgebaute Landhaus dienten der Familie als Treffpunkt und Erholungsort. Leicht erhöht gelegen, ist die Villa der zentrale Punkt des Gartens, der sich in der in der Flussaue der Böhme befindet mit hohem Grundwasserstand und feuchten Böden. Von der Terrasse am Haus führt eine zentrale Treppe hinab zum Pleasureground, dessen Rasenfläche von Blumenteppichen, solitären Ziergehölzen und geschwungenen Wegen aufgelockert wurde. Es schließt sich der Große Teich mit dem ehemaligen Springbrunnen an. Dahinter beginnt die Parklandschaft mit Rasen- und Wiesenflächen, solitären Bäumen und Baumgruppen bis zur waldartigen Randbepflanzung. Von der Terrasse geht der Blick über Pleasureground und Großen Teich in den Park. Den nördlichen Teichrand beherrscht eine künstliche Burgruine, die gleichzeitig die praktische Funktion eines hohen Wasserspeichers für den Springbrunnen und zur Bewässerung des Nutzgartens hatte. Zu den wesentlichen Bestandteilen des Gartens zählen noch die Lindenallee am ehemaligen Tetendorfer Kirchweg, die Heckenbosketts nördlich der Villa und der Nutzgarten mit Obstwiese und Gärtnerei.

Das alles sind Elemente eines englischen Landschaftsgartens, genauer gesagt eines zonierten Landschaftsgartens des 19. Jahrhunderts. Hinzu kommen als typische Zutaten der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die Rhododendronpflanzungen. Sie sind historischer Bestandteil des Gartens geworden, sollten aber dort stark zurückgeschnitten werden, wo sie Sichtverbindungen stören. Die 2001 gepflanzten Azaleen am Ostufer des Großen Teiches stehen direkt in die Blickachse von der Villa in den Park. Während der Blüte sprengen sie zudem das harmonische Farbspektrum von Violet und Weiß der übrigen Rhododendren und sollten möglichst wieder entfernt werden.

Der alte Baumbestand ist mit 38 Arten beachtlich, aber für einen Park des 19. Jahrhunderts dieser Größenordnung nicht besonders vielfältig. Von den heimischen Laubbäumen herrschen Stieleiche, Quercus robur, Sommerlinde, Tilia platyphyllos, Rotbuche, Fagus sylvatica, und Schwarzerle, Alnus glutinosa, vor. Als besondere Formen treten Blutbuche, Fagus sylvatica ’Atropurpurea’, die Hänge-Esche, Fraxinus excelsior ’Pendula’, und die Hänge-Flatter-Ulme, Ulmus laevis ’Pendula’ hinzu.
Von den ausländischen Laubbäumen steht die amerikanischen Roteiche, Quercus rubra, deutlich an der Spitze, gefolgt von den aus Südosteuropa stammenden Rosskastanien, Aeculus hippocastanum. Die amerikanischen Gehölze Robinie, Robinia pseudoacacia, Silberahorn, Acer saccharinum, Tulpenbaum, Liriodendron tulipifera, Amberbaum, Liquidambar styraciflua sind nur in einzelnen Exemplaren vorhanden. Die Nadelbäume werden von der Douglasie, Pseudotsuga menziesii, angeführt. Es folgen Küstentanne, Abies grandis, Lawsons Scheinzypresse, Chamaecyparis lawsoniana, Abendländischer Lebensbaum, Thuja occidentalis, Riesenlebensbaum, Thuja plicata, Sitkafichte, Picea stichensis, und Nootka-Scheinzypresse, Cahamaecyparis nootkatensis. Aus Asien stammen nur die Erbsenfrüchtige Scheinzypresse, Chamaecyparis pisifera, aus Japan und ein später gepflanzter Urweltmammutbaum, Metasequoia glyptostroboides, aus China.

Ansonsten kommen die Nadelholzarten wie auch die meisten ausländischen Laubbaumarten aus Nordamerika. Hier wird der geografische Sammelschwerpunkt von August Röders sichtbar. In vielen Parks des 18. und 19. Jahrhunderts ist der Bestand exotischer Gehölze deutlich stärker ausgeprägt. Sie wurden im Park insgesamt, oft aber am Pleasureground konzentriert angepflanzt, so dass sich daraus das Arboretum, die aus wissenschaftlichem Interesse oder aus Liebhaberei entstandene Baumsammlung, als ein spezieller Gartenraum entwickeln konnte.

Die jüngere Entwicklung hat dem Park nicht immer gut getan. Die Bomben am Ende des Zweiten Weltkriegs haben ebenso Schaden angerichtet wie der Orkan von 1972. Dass die nach dem Krieg in der Villa wohnenden Flüchtlinge den Pleasuregrond zu einem Kartoffelacker machten, ist verständlich. Die Anlage des Tennisplatzes in den sechziger Jahren beeinträchtigte den Park genau so wie der Bau des neuen Wohnhauses mit gesondertem Garten durch den Architekten Hübotter. Nachdem das Unternehmen Carl Breiding & Sohn 2005 in Konkurs gegangen war, konnte der Park nicht mehr gepflegt werden und verwilderte zunehmend. Für seinen Fortbestand war keine Vorsorge getroffen worden.

Lichtblicke gab es, als der Park 1993 unter Denkmalschutz gestellt wurde, als 2007 tatkräftige Bürger den Verein Breidings Garten e. V. gründeten und als es mit der Beteiligung der Stadt Soltau 2009 zur Errichtung der gemeinnützigen Stiftung für die Trägerschaft des Gartens kam. Der Förderverein war es auch, der den Anstoß gab zu der 2008 am Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz-Universität Hannover fertiggestellten Diplomarbeit. Urs Leyhe und André Poldrack haben den Park einer gründlichen Bestandsaufnahme und Analyse unterzogen, seine kulturhistorische Bedeutung herausgestellt und zudem eine Konzeption für die zukünftige Pflege entworfen. Sie schufen eine gute Grundlage für die Arbeit der Stiftung und des Vereins Breidings Garten.

Breidings Garten ist ein Beispiel für einen englischen Landschaftsgartens des 19. Jahrhunderts in Norddeutschland großbürgerlichen Ursprungs. Der Bausch-Park in Neu Kaliß im Landkreis Ludwigslust des Papierfabrikanten Theodor Bausch, des Parks Hohenrode in Nordhausen am Südharz des Tabakfabrikanten Karl Kneiff, der Parks Schloss Biesdorf in Berlin der Industriellenfamilie von Siemens und der Park Schloss Rauischholzhausen in Hessen des Industriellen Ferdinand von Stumm können zum Vergleich herangezogen werden.

Literatur:
Polddrack, André und Leyhe, Urs, Breidings Großer Garten – Der Sommersitz einer Industriellen-
Familie in Soltau. Soltauer Schriften. Binneboom. Schriftenreihe der Freudenthal-Gesellschaft und des
Heimatbundes Soltau, Band 15, Soltau 2009, S. 65-87

Straße Breidingsgarten
Eigentümer Stiftung Breidings Garten
C/o Stadt Soltau
Information in Kürze in Breidings Garten

Größe Ca. 10 ha
Offiziell noch nicht geöffnet, aber frei zugänglich
Vom Bahnhof 1 km Fußweg
Autobahn Ausfahrt Soltau Ost, B 71 Richtung Zentrum,
links in Walsroder Straße, links in André-Lütjens-Straße,
rechts in Beethovenstraße, links Breideingsgarten