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BISPINGEN
 

Bispingen, Landkreis Soltau-Fallingbostel

Ein etwas anderer Garten
Der Park der Villa Iserhatsche

Um ein „Neuschwanstein in der Heide“ zu bauen, braucht es eine gehörige Portion Unternehmungslust und Skurrilität. Beides, energische Tatkraft und ein Stück sympathischer Verrücktheit ist in Uwe Schulz-Ebschbach vereint. Diese Kombination ergibt eine farbige Persönlichkeit, ein unverwechselbares Original, das sich in seinem Garten widerspiegelt. Der entfaltet seine volle Wirkung erst, wenn man das Glück hat, vom Hausherrn selbst durch das Anwesen geführt zu werden. Dann springt der Funke der Begeisterung über. Der Malermeister aus Berlin erwarb 1986 das Grundstück mit der Villa und begann es nach seinen Ideen umzugestalten. Dass er dabei mit der Bauverwaltung kollidierte, war vorherzusehen. Wer baut schon in der Lüneburger Heide einen künstlichen Vulkan so hoch wie ein mehrstöckiges Haus, der Feuer und Rauch speit, der in seinem Innern eine Schmiede mit Esse birgt, eine Backofengrotte, in der auf Knopfdruck Bier und Wein fließen, und eine „Sala del Monte“, deren von 25 Säulen getragene Decke Engel mit Harfen und Trompeten bevölkern? Der Vulkan trägt auch noch das Heide-Kastell, und von seinem Hang stürzt ein Wasserfall zu Tal. So etwas lieben die Leute. Der „Montagnetto“, der künstliche kleine Berg, wurde rasch zu einer großen Attraktion des Anwesens, wenn auch bei weitem nicht die einzige.

An der Rückseite des Hauses, wo sich schon zuvor ein Garten befunden hatte, entstand eine dem Barock nachempfundene Anlage, die von einer Pergola umgeben und von Wegen rechtwinklig geteilt wird. Buchsbaumhecken fassen die reich bepflanzten Beete ein. Den Laubengang, der zum „Montagnetto“ führt, zieren zahlreiche Sinnsprüche. Die volkstümlichen Lebensweisheiten und philosophischen Zitate tauchen auch an anderer Stelle im Garten und am Haus auf. Rund 500 dieser Sprüche bekommt der Besucher mit auf den Weg. Da ist noch der acht Meter hohe aus Eisen geschmiedete Ebereschenbaum, in dessen Zweigen zwölf Glocken hängen. Sie können vom Wohnhaus aus mit Hilfe einer im Tisch des Diana-Sanssouci-Zimmers versenkten Tastatur in verschiedenen Melodien zum Klingen gebracht werden. Die Eberesche ist der Lieblingsbaum des Hausherrn, ist sie doch im zweiten Teil seines Familiennamens enthalten. Sie taucht in den reichen Wand- und Deckengemälden des Hauses auf. Die mit reichlich Blattgold versehenen Wandbilder der Jagdgöttin haben in den Gemälden des Schlosses Sanssouci ihre Vorbilder. Zusammen mit dem Eisvogel, der sich an den künstlichen Teichen angesiedelt und den der Hausherr ebenfalls in sein Herz geschlossen hat, ziert die Eberesche auch das von der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur produzierte kostbare Service. Viele der Wege sind von unzähligen Ebereschen, gesäumt, leider aber nur von der Gewöhnlichen Eberesche, Sorbus aucuparia. Die umfänglichen Sammlungen von Bierflaschen und Zündholzschachteln steigern offensichtlich die Attraktion und Wirtschaftlichkeit des Ausflugsziels, zum Charakter des Gesamtkunstwerks tragen sie nicht positiv bei.

Zuvor war die Geschichte des Anwesens ganz anders verlaufen. Der preußische Kommerzienrat und Inhaber der Stahlhandelsfirma Steffen und Noelle, Ernst Noelle aus Berlin, hatte 1913 das 265 ha große Waldgrundstück außerhalb von Bispingen erworben. Der Großvater der Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann errichtete hier ein stattliches Jagdhaus, das er „Iserhatsche“ nannte, was Eisenherz bedeutet. Das zweigeschossige Haus in schwedischer Holzbauweise war ein früher Vertreter der Fertighäuser. Es hatte 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel gestanden und war dann nach Bispingen umgesetzt worden. Mit seinem Walmdach passte es gut zum regionalen Stil der ländlichen Herrenhäuser. An der Rückseite des Hauses ließ Noelle von dem Gartenarchitekten Habich 1913/14 einen neobarocken Garten mit Springbrunnen anlegen, an den sich ein abgetrennter Garten mit Gemüse, Beerensträuchern, Obstbäumen und auch Weinreben anschloss. Nach dem Tode Noelles wurde das auf ein Zehntel der Größe reduzierte Grundstück 1929 an die Firma Reemtsma verkauft. Die nutzte das Haus als Erholungsheim und gab die Gartenanlage auf. Während des Zweiten Weltkrieges war hier ein Lazarett untergebracht, danach ein Hamburger Krankenhaus und schließlich ein Schullandheim für Berliner Kinder. Von der für die großbürgerliche Wohn- und Gartenkultur der späten Gründerzeit bedeutenden Anlage war nur das Wohnhaus übriggeblieben. Beides, Haus und Garten erhalten zu haben, ist das große Verdienst von Schulz-Ebschbach. Er belebte das Anwesen wieder und gestaltete es in seinem Sinne recht eigenwillig um als bunte Mischung von Anleihen und Nachahmungen vieler Stilrichtungen.

Nöllestrasse 40, 29646 Bispingen
Fon 0 51 94/12 06
E-Mail s-e@iserhatsche.de, www.iserhatsche.de

Größe 23 ha
Öffnung April-Oktober 10:00-18:00 Uhr, November-März 11:00-16:00 Uhr
Eintritt 8 €, in Gruppen ab 10 Personen 6 €
Anfahrt: A7 Ausfahrt Bispingen, von Bispingen ausgeschildert